Klinisches Risikomanagement in einem Krankenhaus der Regelversorgung: Identifikation von Verbesserungspotentialen anhand einer SWOT-Analyse

  • Als das Patientenrechtegesetz in Kraft tritt, sind Krankenhäuser dazu verpflichtet, ein Risikomanagement- und Fehlerberichtssystem in die Unternehmensstruktur zu integrieren. Der Gemeinsame Bundesausschuss legte dazu Mindestanforderungen an das Klinische Risikomanagement (kRM) fest. Im Fokus stehen dabei bspw. niedrigschwellig gestaltete Fehlermeldesysteme, auf die alle Mitarbeiter Zugriff haben, um möglichst viele Risiken aus verschiedenen Bereichen einer Organisation aufzudecken. Unterschiedlichste Studien zeigen jedoch, dass das deutsche Gesundheitswesen Nachholbedarf im Bereich des kRM aufweist. Nach der DIN EN ISO 9000:2015 und der DIN ISO 31000:2018 ist Risiko eine negative oder positive Abweichung vom Erwarteten. Für die vorliegende Arbeit wird der Risikobegriff mit negativen Abweichungen assoziiert. kRM ist dabei die Gesamtheit zielgerichteter Maßnahmen, die die Mitarbeiter aller Hierarchieebenen zur Eindämmung und Kontrolle von krankenhausinduzierten Patientenschäden befähigen. Zusammengefasst läuft der gesamte Risikomanagementprozess in fünf Schritten ab, der Risiko-Identifikation, der -Analyse, -Bewertung und –Bewältigung sowie der Risiko-Evaluation. Für jeden dieser Schritte gibt es verschiedene methodische Vorgehensweisen und Instrumente. Unter anderem zählen interne Audits, Befragungen, Fehlermöglichkeits- und Einflussanalysen (FMEA), Gefährdungsbeurteilungen (GFB), ein Beschwerdemanagement, ein „Critical Incident and Report System“ (CIRS) sowie Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen (M&MK) dazu. Zum Umgang mit diesen Instrumenten gibt es unterschiedliche Empfehlungen. Für alle ist jedoch empfohlen Verantwortlichkeiten festzulegen, mittels Checklisten und Formblättern zu arbeiten und die Grundsätze der Sanktionsfreiheit, Anonymität und Freiwilligkeit zu wahren. Weitere unterstützende Instrumente sind Prozessbeschreibungen sowie national und international geltende Normen und Gesetze. In der Projektphase ist eine umfassende Erhebung des IST-Standes im Bereich des kRM der Klinik durchzuführen. Zu berücksichtigen sind dabei für die Klinik gültige Verfahrensanweisungen und Konzepte zum kRM, die über eine Dokumentenanalyse ausgewertet werden. Des Weiteren wird die Handhabung der Instrumente über ein Interview mit der Qualitätsmanagementbeauftragten der Klinik sowie über eine schriftliche Befragung verschiedener Berufsgruppen genauer hinterfragt und anschließend analysiert. Auf Grundlage dessen schließt sich eine Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken (SWOT-Analyse) des Prozesses an, um Strategien für das kRM abzuleiten sowie Verbesserungspotenziale aufzudecken. Die Analyse der Dokumente erfolgt iterativ. Dabei werden die einzelnen Absätze in den Dokumenten mehrmals bearbeitet und die daraus resultierenden Informationen werden vorher definierten Kategorien zugeordnet. Eine Bewertung der Informationen innerhalb der Kategorien erfolgt dann anhand aktueller Literatur. Das Experteninterview erfolgt mittels Interviewleitfaden und wird im Anschluss nach geltenden Regeln transkripiert. Die Auswertung des Transkriptes erfolgt anhand einer Dokumentenanalyse, wie eben beschrieben. Für die Befragung werden insgesamt 25 Fragebögen an die Chefärzte und Stationsleitungen der einzelnen Abteilungen versandt sowie an einige Fachpflege- und Hilfskräfte. Die Analyse der Angaben zum Umgang mit den einzelnen Instrumenten des kRM erfolgt über die Statistiksoftware SPSS. Für die anschließende SWOT-Analyse werden interne Stärken und Schwächen den externen Chancen und Risiken gegenübergestellt und anhand von vier Grundgedanken daraus Strategien und Verbesserungspotenziale für das kRM abgeleitet. Aus der Analyse ergibt sich, dass die bereits genutzten technischen Möglichkeiten, die Vorgehensweise anhand von national und international geltenden Empfehlungen und Gesetzen, die Einbindung verschiedener Berufsgruppen, externer Fachkräfte und Bereichsbeauftragter im kRM sowie das Erstellen von Verfahrensanweisungen, Checklisten und Formblättern zu den einzelnen Instrumenten fortführen sind. Verbesserungspotenziale bestehen im Bereich der digitalen Prozessüberwachung, mit Prüfung der kontinuierlichen Anwendung einzelner Instrumente, der Beteiligung an klinikübergreifenden Netzwerken sowie der Informationsweitergabe an möglichst alle Mitarbeiter. Dafür gibt es bspw. die Möglichkeiten digitale Workflows zu nutzen, das Eintreten ins deutschlandweite CIRS-Netzwerk sowie die Weitergabe von Informationen zum kRM über E-Mailverteiler, ein schwarzes Brett oder die interne Zeitschrift der Klinik. Im deutschlandweiten Vergleich lässt sich feststellen, dass die Klinik ein gutes kRM vorweist. Im Bereich der internen Schulungen zum Umgang mit klinischen Risiken haben die meisten deutschen Kliniken Nachholbedarf. Besonders positiv fallen beim analysierten kRM die Durchführung von internen Audits sowie die Verwendung der Analysemethode der FMEA auf. Damit sich der systematische Umgang mit klinischen Risiken in allen Aktivitäten der Einrichtung widerspiegelt, sind die Verbesserungspotenziale umzusetzen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit einer Befragung der gesamten Belegschaft zum kRM, um die Motivation zur Beteiligung am Prozess aller Mitarbeiter herauszuarbeiten und einen umfangreicheren Überblick über Ursachen fehlender Beteiligung zu erhalten. Es ist wichtig das kRM als dynamischen Prozess zu verstehen und fortlaufend an sich ändernde interne und externe Einflüsse anzupassen.

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Metadaten
Author:Nadine Reichert
Advisor:Tom SchaalORCiDGND
Document Type:Master's Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2020/11/24
Year of first Publication:2020
Publishing Institution:Westsächsische Hochschule Zwickau
Tag:Klinische Risiken; Klinisches Risikomanagement; SWOT-Analyse; Verbesserungspotenziale
Page Number:153
Faculty:Westsächsische Hochschule Zwickau / Gesundheits- und Pflegewissenschaften
Release Date:2021/04/19